Steinbruch Tieber - Teil 2

 

Was nun folgt kann kein normaler, dem Gesetz unterworfener Bürger verstehen. Mit wem wir auch darüber reden - fassungsloses Kopfschütteln und die Frage: "... Wie ist das denn möglich?" ist die Antwort.


Unbegreiflich 1

Obwohl ihrem Produkt die Güte amtlich abgesprochen worden war (siehe Teil 1), stellte die Tieber GesmbH dennoch den Antrag auf Übernahme in das Berggesetz. 

 

Wie unsere Recherchen ergaben, war der Antrag am letzten Tag der Anmeldefrist, also am 31.12.1992, in Leoben zur Post gebracht worden und muss wohl noch am selben Tag bei der Berghauptmannschaft im 70 km entfernten Graz eingelangt sein. Denn sonst wäre es dieser nicht möglich gewesen, die beantragte Gewinnungsbewilligung mit Wirkung vom 01.01.1991 - also ein ganzes Jahr rückwirkend - zu erteilen.

 

In der damals üblichen selbstherrlichen Art der Berghauptmannschaften wurde diese Entscheidung vorerst (natürlich) niemanden bekannt gegeben.

 

IconDie oben angeführte völlig ungewöhnliche und außerordentliche Leistung der österreichischen Post - nämlich die physische Übermittlung eines Schriftstückes innerhalb weniger Stunden von Leoben nach Graz, noch dazu am letzten Tag des Jahres, war zwar höchst bemerkenswert, wurde (und wird) aber dennoch stark angezweifelt. Daher sollte dieser Vorgang auch Thema bei einem sieben Monate später durchgeführten Verfahren wegen Verdachts des Amtsmissbrauchs gegen Beamte der Berghauptmannschaft Graz sein - siehe weiter unten.

 

Anm: Den ordnungsgemäßen Eingangsstempel der Berghauptmannschaft auf dem ggst. Antrag bekamen wir nie zu Gesicht.

Unbegreiflich 2

Am 15.07.1993 - also 7 Monate später (siehe oben) - wurde vom damaligen Berghauptmann Dr. Ressmann dann aber doch der Gemeinde Semriach mitgeteilt, dass mit Wirkung vom 01.01.1991 die ggst. Gewinnungsbewilligung erteilt worden sei und somit das Bergrecht gelte.

 

IconDie Berhauptmannschaft teilte also mit, dass entgegen ihrer eigenen 10 Monate vorher erteilten Auskunft schon seit mehr als 2 1/2 die Geltung des Bergrechts gegeben sei! (siehe Teil 1 dieser unglaublichen Geschichte)

Anzeige wegen Amtsmissbrauch

Was darauf folgte war - unter anderem - eine Anzeige wegen  Verdachts des Amtsmissbrauchs  gegen den/die Verantwortlichen bei der Berghauptmannschaft Graz (Akt liegt bei der Bürgerinitiative auf).

 

Die hohen Erwartungen - bei DIESER Beweislage - wurden aber enttäuscht. Das Verfahren wurde eingestellt ...!

Der weitere Ablauf

Im Jahr 1993 untersagte die Gemeinde Semriach der Tieber GesmH per Bescheid die Bodenentnahme und somit den Betrieb des Steinbruchs.

 

Die Tieber GesmbH erhob dagegen Berufung bei der der Steiermärkischen Landesregierung. Diese hob den Bescheid der Gemeinde auf und sprach dem Betreiber das Nutzungsrecht zu.

 

Dagegen erhob die Gemeinde Beschwerde beim Verwaltungsgerichtshof. Dieser wiederum behob die Entscheidung des Landes Steiermark.

 

Die Angelegenheit landete beim Bundesministerium für Wirtschaftliche Angelegenheiten. Dieses ordnete einen Probebetrieb für die Dauer eines (1) Jahres an - verbunden mit einigen strengen Auflagen (Erschütterungen durch Sprengung; Gefahrenminimierung für Anrainer und Landesstraße usw).

 

1997 spricht das Ministerium erstmals von einem "Sanierungsauftrag". (Diese "Sanierung" dauert bis heute - 2010 - an!)

Neues Gesetz tritt in Kraft

Im Jänner 1999 löste das Mineralrohstoffgesetz (MinroG) das höchst umstrittene Bergesetz 1975 ab. Die Berghauptmannschaften wurden aufgelöst. Nach dem neuen Gesetz waren für Dolomitsteinbrüche wieder in erster Instanz die Bezirkshauptmannschaften zuständig. Die äußerst komplizierten Übergangsbestimmungen lösten überall Unsicherheit aus.

Unbegreiflich 3

IconIm Februar 1999 nahm die Tieber GesmbH die Abbauarbeiten im Steinbruch wieder voll auf, obwohl dafür kein genehmigter Gewinnungsbetriebsplan vorlag.

 

Mit Schreiben vom 08.03.1999 teilte das BMfWA mit, dass es die Einstellung der Gewinnungstätigkeit zu verfügen beabsichtige.

 

Aus nicht bekannten Gründen trat das BMfWA seiner eigenen Absicht nicht näher, sondern ordnete mit Bescheid GZ 63.199/47-III/B/14/00 vom 03.04.2000, dass der Betreiber die ihm aufgetragene Sanierung der bis zum 31.12.1998 offenen (unverritzten) Tagbaufläche fortzuführen habe mit dem Ziel, eine standsichere Bruchwand herzustellen.

Verfassungsklage eingebracht

Nach Ansicht der Gemeinde Semriach (und nicht nur nach deren Ansicht) wurde sie durch diesen Bescheid in ihrem Recht auf Parteienstellung geschädigt und brachte deshalb mit juristischer Unterstützung gegen das BMfWA beim Verfassungsgerichthof eine umfassende Beschwerde ein.

 

Die Beschwerde wurde abgewiesen ...!

Unbegreiflich 4

Inzwischen ging der Abbau weiter. Der Betreiber riss die südliche, unversehrt gewesene Fläche des Areals auf und schaffte so einen neuen Sanierungsfall. Die Behörde hinkte hinterher und war machtlos.

 

IconJeder fragt sich, wie lange denn eine so genannte "Sanierung" dauern könne/dürfe. Diese Frage stellten wir auch mehrmals den zuständigen Stellen (u. a. auch dem Wirtschaftsministerium). Eine befriedigende Antwort bekamen wir aber nirgends.

Weiteres Unbegreifliches

In den Jahren danach bis heute andauernd, wurden - dokumentiert durch Fotos und Berichte von Bürgern und Anrainern - folgende Ereignisse festgestellt:

  • Massive Erschütterungen durch Sprengungen
  • Entstehung von Rissen in Gebäuden der Anrainer
  • Felsstürze auf die Landesstraße und auf Grundstücke der Nachbarn
  • Überflutungen durch Oberflächenwasser aus dem Steinbruch bei starken Regenfällen
  • Oftmalige Sperrungen der Landesstraße ohne Einhaltung von Auflagen
  • Bescheidwidrige Sprengungen und Abraumarbeiten
  • Nichteinhaltung der vorgeschriebenen Etagenbreiten

 

Icon Felssturz auf die Landesstraße

Das vorläufig letzte Unbegreifliche

Nunmehr muss eine erbitterte Gegnerin des Steinbruchs, die Familie St., um ihr Wasser fürchten. Familie St. bezieht ihr Wasser aus 2 Quellen am Bergfuß des Steinbruchs. Durch die vom Betreiber geschaffene Faktenlage ist es nun offensichtlich erforderlich, sich mit Sprengungen den Quellen zu nähern. Dass dabei deren Schüttung sehr leicht verloren gehen kann, leuchtet sogar einem Laien ein.

 

Die Familie St. ist verzweifelt. Wiederum muss sie einen Rechtsanwalt bezahlen, um (vielleicht) zu ihrem Recht zu kommen.

 

Wir werden berichten ...

Bilder

Eine umfangreiche Reihe von Bildern samt Beschreibungen zu den hier geschilderten Unbegreiflichkeiten findet sich auf Icon www.stecher-erdbau.at


Fazit

Es ist unfassbar - im Bergbau ist offensichtlich alles möglich. Der Steinbruch der Tieber GesmbH und die Taktik seines Betreibers, mit der er die Beamten der zuständige Behörde (BH Graz-Umgebung) zu Statisten macht, werden uns stets als Warnung und Ansporn dienen ...

 

 

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